
Von Michael Kinzel aus Zarpen aufgeschrieben
Fichkona 2012, das bedeutet mindestens 601 km am Stück einmal von Süd nach Nord quer durch die Bundesländer der ehemaligen DDR. Der Start befindet sich auf dem Fichtelberg, an der tschechischen Grenze auf 1214 m, das Ziel ist die Ostseeinsel Rügen mit seinem nördlichsten Punkt Kap Arkona.
Was auf uns (Thomas aus Lübeck, Klemens aus Heide, Michael aus Zarpen) zukommt wissen wir am Freitag morgen bei der Abreise zum Ziel natürlich noch nicht, obwohl Klemens schon letztes Jahr erfolgreich dabei war. Nach einer unproblematischen Anreise erreichen wir den Fichtelberg am Freitag Nachmittag. Klemens hat ein Zimmer im Hotel direkt auf dem Fichtelberg, wir fahren zum Übernachten den Berg wieder hinunter nach Oberwiesenthal.
Am Samstag morgen stehen wir gegen 6:00 Uhr auf, draußen herrscht “Weltuntergang”, es schüttet heftig aus den vorhergesagten Gewitterwolken……tolle Voraussetzungen um die nächsten mindestens 24 Stunden auf dem Rad zu verbringen.
Gegen 9:00 Uhr finden wir uns im Startbereich ein, der Regen hat aufgehört und es wird langsam warm. Olaf, der Veranstalter, gibt ein kurzes Briefing und erklärt uns die Aufteilung der knapp 200 Fahrer auf 4 Gruppen nach Leistungsklasse und geplanter Durchschnittsgeschwindigkeit: Gruppe 1 – 33 km/h; Gruppe 2 – 31 km/h; Gruppe 3 – 30 km/h; Gruppe 4 unter 30 km/h.
Wir hatten ursprünglich für Gruppe 2 gemeldet, entscheiden uns aber unabgesprochen für Gruppe 3, denn es wird immer wärmer…..kurz vorm Start haben wir oben auf dem Berg die 25 Grad Celsius überschritten.
10:00 Uhr, Glockengeläut, es geht los: Bis zum ersten Halt bei ca. 90 km bleibt das Feld zusammen, dabei geht es wunderbar durch das Erzgebirge Richtung Chemnitz (mit Ortsdurchfahrt) bergab, aber landschaftsbedingt auch mal deftig wieder nach oben. Der Schnitt liegt noch bei weit über 35 km/h……scheint uns ein wenig zu ambitioniert.
Bei der ersten Rast erfolgt bei nun bereits über 30 Grad Celsius die Aufteilung in die Gruppen, die im Abstand von etwa 10 min. mit den jeweiligen Begleitfahrzeugen ( Führungsfahrzeug, Abschlußfahrzeug und Küche1/2, bzw. Küche 3/4) auf die Strecke geschickt werden…….wir müssen unbedingt viel trinken……viel mehr als üblich.
Ab Grimma wird das Streckenprofil freundlicher, das Bergauf-, Bergabfahren lässt nach, die Hitze nimmt zu. Unsere Gruppe macht Zwischenstops, um die Wasserflaschen aufzufüllen. Thomas und Klemens sehen nicht gerade glücklich aus. Michael geht es den Umständen entsprechend gut (sein Wetter!).
Nächster Halt bei Kilometer 190: Es ist unglaublich warm. Thomas bricht ab. Klemens hat Kreislaufprobleme und bricht ebenfalls ab. Für die beiden geht die Fahrt im Begleitfahrzeug weiter, vielleicht können sie später wieder mitfahren.
Auf zur nächsten Rast bei Kilometer 270, über die Elbe bei Wittenberg bis kurz vor Potsdam. Es wird jetzt bald dunkel und es wird endlich etwas kühler.Die Räder werden mit Licht ausgestattet, erster Kleidungswechsel, wenn nötig.
Mit Polizeibegleitung wird das Feld durch das belebte Potsdam geführt und macht sich auf den Weg nach Gransee bei Kilometer 360. Etwa 15 Kilometer vor diesem Zwischstop fängt es an zu regnen und gewittern, es schüttet wie aus Eimern. Die Blitze geben eine tolle Vorstellung um uns herum ab. Völlig durchnäßt erreichen wir den Pausenstop unter dem Vordach einer großen Tankstelle.
Das wird jetzt ein bischen länger brauchen. Kompletter Wechsel der Bekleidung ist angesagt, das Feld stellt auf schlecht Wetter um: Andere Handschuhe, Regenjacke, Überschuhe……jeder wie er will, bloß schnell weiter, es wird langsam kalt……und müde.
In der Nacht lässt der Regen immer wieder nach. Wir durchfahren Neubrandenburg und erreichen den nächsten Stop bei 450 Kilometern. Jetzt regnet es wieder mehr. Nachdem wir uns verpflegt haben öffnet sich der Himmel, es stürmt und gewittert unbeschreiblich. Dicht gedrängt stehen wir unter dem Versorgungszelt der Begleitküche, und müssen aufpassen, dass uns unsere Notbehausung nicht wegfliegt. An weiterfahren ist nicht zu denken. Erst nach über einer Stunde fährt unsere Gruppe bei immer noch starkem Niederschlag weiter…..wir müssen weiter….alles zittert…..alles ist müde….alle wollen nur noch zum Ziel.
Bei Grimmen vor Rügen und nach ca 510 Kilometern ist nochmal Halt angesagt. Der Regen hat sich gelegt, aber auf den Straßen stehen überall noch das Wasser. Thomas und Klemens wollen für die letzten 100 km wieder mitfahren, aber die Pause ist zu kurz, um die Räder wieder auszuladen, also warten sie bis zur letzen Pause kurz nach dem Rügendamm.
Letzte kurze Pause in Samtens auf Rügen bei Kilometer 550……….fast geschafft…..Erschöpfung und Müdigkeit verschwinden völlig……und die Sonne scheint wieder…Euphorie macht sich breit und auch Thomas und Klemens wollen die letzten Kilometer auf der Insel miterleben.
Man glaubt ja nicht wie lange dann doch noch 60 Kilometer auf einer Insel sein können, und irgendjemand hat auf dieser Strecke auch noch vergessen ein Stück Kopfsteinpflaster zu entfernen. Nach über 615 Kilometern erreichen wir (sogar mit einem kleinen Zielsprint, jeder für sich versteht sich) den Leuchtturm von Kap Arkona. Gruppe 1 und 2 sind schon im Ziel und haben auch von den Wetterkapriolen weniger mitbekommen.
Unsere Gruppe erreicht das Ziel nach ca. 21,5 Stunden reiner Fahrzeit und 26 Stunden insgesamt gegen 12:00 Uhr. Das Ende dieser abenteuerlichen Ausfahrt.
Jetzt nur noch Trinken (Bier), Essen (Fischbrötchen), Duschen (möglichst lange) und Schlafen (für immer). Diese Strecke…….nie wieder…….oder doch……..vielleicht nächstes Jahr, wenn die anderen auch wieder mitmachen!!