
Ich war dabei (von Matthias Frank aus Burkhardtsdorf)
Wegen des regen Interesses wie es mir zur längsten Fahrt zum Baden ergangen ist, hier nun der Bericht:
Start war am Sa, den 30.06.2012 auf dem Fichtelberg. Es traten insgesamt ~180 Teilnehmer (auch 12 Frauen) aus ganz Deutschland an, alle mit unterschiedlichen Trainingsstand, Erwartungen und Erfahrungen. Ich, als noch blutiger Anfänger der wirklich langen Radfahrten, schaute den kommen 24 Stunden mit gemischten Gefühlen entgegen. Eins war mir aber schon im Vorhinein klar: Komme was wolle, aufgeben kommt nicht in Frage. So startete die 15. Fichkona mit Geläut der Friedensglocke pünktlich 10:00 Uhr auf dem Fichtelberg. Gemeinsam ging es das Sehmatal hinab, weiter nach Herold, wo so langsam sich die Gruppen formierten. Die Gruppe 1, die ganz Verrückten, wollten so schnell wie möglich zum Wasser. Also sind sie quasi ohne Pause durchgefahren und haben Arkona nach rund 20h erreicht. Als Fichkonaneuling wollte ich noch nicht so enthusiastisch an die Sache herangehen und ordnete mich in Gruppe 3 ein, das heißt alle 90km eine 20 minütige Pause mit absteigen und essen.
Im laufe des Samstags zeigte sich der Sommer von seinen ‘besten Seite’: abschnittsweise waren um die 38°C, ein Wunder das nur ein paar weniger mit dem Kreislauf zu kämpfen hatten. Das einzigste Mittel gegen die Hitze war trinken, trinken, trinken. Jede Stunde wurde angehalten und schnell die Flaschen aufgefüllt. So ging der Tag dahin, schnell war der Kilometerzähler bei 300km angelangt und es wurde Abend. Ich hätte nie gedacht, das diese erste Hälfte der Strecke so spurlos an mir vorüber geht. Meine Beine fühlten sich noch gut an. Aber in einer Gruppe, deren Stärke sich dann bei ca. 70 Personen einpendelte, musste ich fast nie im Wind fahren. Das sparte enorm Kraft. Auch mein Hintern ließ sich immer wieder mit hinreichend viel Melkfett beruhigen.
Erster große Höhepunkt war zweifelsohne die Stadtdurchfahrt Potsdam. Kurz vor der Stadt wartete die Polizei auf uns. Diese hat, nicht wie sonst zu erwarten wäre, nicht an unseren Rädern herum gemäkelt, sondern uns durch komplett Potsdam eskortiert. Es war grandios, an jeder Roten Ampel wurden der Verkehr extra für uns blockiert. Wir hatten Stellenweise 3 Fahrspuren für uns ganz allein. Es war gerade der Sonnenuntergang, also etwa 21:30 Uhr. Die Potsdamer machten sich wohl so langsam auf, um in die Kneipe, Citybeach oder Disko zu gehen. Überall jubelten uns die Menschen zu, fast wie bei einem Eliterennen. In dieser Kulisse Potsdam zu passieren, werde ich wohl so schnell nicht vergessen.
Nach Potsdam kam die Nacht. Es kündigte sich eine laue Sommernacht an. Über uns setzten die Flugzeuge zur Landung in Berlin an und das letzte Tageslicht verblasste am Horizont. Im Fahrer kehre Ruhe ein. Kaum einer redete noch, kaum einer wechselte seine Position. Alle konzentrierten sich auf die etwas spärlich beleuchteten Zentimeter zwischen Vorderrad und Hinterrad des Vordermanns.
Irgendwann flammten die erste Blitze auf, die Vorboten der kommenden Nacht. Gegen ein Uhr kam der erste Regentusch, 13km vor der Verpflegung. Bis dahin fuhren wir noch, in der Hoffnung, mit einen trockenen Sachen und besseren Wetter weiterfahren zu können. Nur das diese Hoffnung sich nicht erfüllte. Zwar ebbte der Regen zwischendurch immer wieder ab. Aber die Straßen waren noch nass genug, damit das Spritzwasser der Reifen uns weiterhin durchweichte. In den frühen Morgenstunden lief das Wetter zu neuer Hochform auf. Eine Stunde wütete ein Wolkenbruch, der seines gleichen sucht. Eine Weiterfahrt war unmöglich. Glücklicherweise waren wir (Gruppe 3) gerade an der Verpflegung. Wir konnten und mehr oder weniger erfolgreich unter einem Pavillon unterstellen, mussten diesen aber ständig festhalten, damit er nicht weg fliegt. Gruppe 4 hatte es weniger gut getroffen. Zwar hatten sie Unterschlupf an einer Tankstelle gefunden, und standen damit etwas geschützter als wir. Dafür mussten sie lange auf die Verpflegung, besonders mit warmen Sachen warten. Insgesamt hat dieses Unwetter uns ca. eine Stunde gekostet, die wir nur mit Warten, Versuchen-nicht-nass-zu-Werden und Frieren verbracht haben.
Als der Regen nachließ fassten wir uns ein Herz und setzen die Fahrt fort. Geregnet hat es noch immer, aber da schon jeder komplett nass war, schadete der Regen nicht mehr besonders.
Nach einer langen Nacht, mit Regen, Blitz und Donner und einem langen Kampf gegen die Müdigkeit, sahen wir gegen 9 Uhr das erste mal die Ostsee in Stralsund. Zum ersten mal sah man das Ziel vor Augen. Die Fahrt über den Rügendamm entschädigte für viele Erfahrungen der letzten Nacht.
In einer etwas kleineren Gruppe, trat ich den Endspurt Richtung Kap Arkona an. Der Rest meiner Gruppe gönnte sich noch etwas Pause, aber ich wollte an Ziel. So sind wir die letzte 50 Kilometer im Schweinsgalopp Richtung Ziel gespurtet. Dabei half nicht nur der teilweise starke Rückenwind, auch der erste Wegweiser mit „Kap Arkona“ trug einen wesentlichen Teil dazu bei, schnell ans Ziel zu kommen. Kurz vor Mittag, unter tosendem Applaus der Veranstalter und anwesenden Touristen passierte ich um 11:26 Uhr den Zielstrich. Nach 25h 26min (Fahrtzeit: 20h 58min) und 621 Kilometer war ich am Ziel. Dank meiner recht umfangreichen Vorbereitung von 3850 Trainingskilometer machten meine Beine noch gut mit. Auch war die nächtliche Müdigkeit vorerst überwunden. Überglücklich gönnte ich mir am Ziel ein Radler und gesellte mich zu den anderen Pedalrittern.
Nach dem tödlichen Felssturz vom Dezember 2011 waren die Kreidefelsen leider gesperrt. Man konnte nur weiter Entfernung an die Ostsee. Aber man fuhr schließlich zum Baden. Auch wenn ich davon kein Freund bin, so war ich dennoch im Wasser, wenn auch nur bis zum Knie, denn unter warm verstehe ich etwas anderes. Aber wenn man sich 600 Kilometer dafür abstrampelt, kann man wohl solch ein Fußbad nicht ausfallen lassen.
Der restliche Tag verlief recht unspektakulär. Nach Ankunft in Juliusruh am Campingplatz, und weiteren 12 Kilometern, diesmal mit kräftigen Gegenwind, bezogen wir unsere Bungalows bzw. Wohnwagen und es dauerte nicht lang und die Augen fielen zu.
Montag morgen, zu einer völlig ungeeigneten Zeit zu aufstehen (7:00 Uhr) startete der Bus wieder in Richtung Haamit.
Ich war am Anfang sehr skeptisch, was meine Physis anging und ob ich auch nicht auf dem Rad einschlafe. Aber nachdem ich erlebt habe, was ich zu leisten vermag und welche Kraftreserven ich am Ende noch hatte, erscheint ein klares Ziel am Horizont: Das nächste Mal in einer schnelleren Gruppe!