Roadbook Fichkona 2012 von Dirk Liedel aus Chemnitz


Für dieses Jahr stand nun meine zweite Teilnahme zur Fichkona an, nachdem ich 2008 in Gruppe 4 die Ostsee erreichte. Ich hatte sogar für letztes Jahr einen Startplatz erhalten, musste den aber leider aus persönlichen Gründen zurückgeben.
Dieses Jahr sollte es nun wieder funktionieren, mit einer großen Besonderheit – ich stand mit meinen Sohn Oliver auf der Starterliste! Wie riesig war meine Freude, zusammen mit Sohnemann diese Strecke zu bewältigen.
Nach der Startzusage galt es, sich ordentlich auf die Fichkona vorzubereiten. Wir wollten auf keinen Fall Schiffbruch erleiden. Da das Wetter in diesem Jahr nicht so optimal verlief, war es nicht einfach, auf die erforderlichen Kilometer zu kommen. Wir beide haben das aber letzten Endes noch ganz prima hinbekommen, sodass wir mit einem guten Gewissen an den Start gehen konnten. Die Zeit bis zum 30.06.12 schien überhaupt nicht zu vergehen. Angeheizt wurde unsere Ungeduld zusätzlich vom MDR, welcher die Absicht hatte, uns bei der Fichkona filmdokumentarisch zu begleiten. Schade, leider ist nichts daraus geworden.
Irgendwann war aber dann doch der 30.06.12! Nach einer turbulenten Vorwoche, denn an Olivers RR hatte sich die Schaltung verabschiedet und der Ersatz war erst am Donnerstag verfügbar. Es konnte losgehen…
Die Nacht vor dem Start schlief ich erstaunlich gut, ganz anders als beim ersten Mal (zum Glück). Der Wetterbericht meldete große Hitze + Gewitter.
Dazu kam es dann am Samstagmorgen auch. Als ich in Chemnitz die Fahrräder auf das Auto montierte, begann ein ziemlich heftiges Gewitter. Es war nun bis kurz vor Oberwiesenthal unser ständiger Begleiter. Ein Start im Regen wäre das Letzte gewesen, was wir uns gewünscht hätten. Wir hatten Glück und rechtzeitig verzogen sich die Regenwolken. Die Wartezeit bis zum Start verging recht schnell und die Aufregung hielt sich dieses mal in Grenzen (wenn man weiß, was einen erwartet). Anders bei Oliver, hier war natürlich die Anspannung zu spüren. Pünktlich um 10.00 Uhr zum Glockenschlag der Startschuss mit 180 Rennradverrückten, einfach riesig! Mit dieser großen Gruppe bei ordentlich Tempo durch das Erzgebirge zu heizen, macht richtig Laune. Erstes Highlight für mich war die geschlossene Fahrt durch Chemnitz, meine Heimatstadt. Hier wurden Oliver und ich durch Familie und Freunde begrüßt, was noch einmal eine super Motivation war. Dann ging es durch das Chemnitztal, mein Trainingsrevier. Ich fühlte mich gut und hatte keine Bedenken, dass etwas schief gehen konnte. Zur ersten Rast hieß es vor allem ordentlich ‚reinhauen’ und viel trinken, es war bereits sehr warm. Die Verpflegung war wie bereits 2008 überragend und die Freundlichkeit des Team beispiellos,
an dieser Stelle schon mal der erste Dank!
Nun die Aufteilung in Gruppen, wir hatten uns für Gruppe 3 entschieden. Das hat letztlich auch für die restliche Tour prima gepasst. Gut gestärkt ging es los in die Hitzeschlacht. Wir kamen mit der Temperatur bestens klar und fühlten uns gut. Nicht so mein Reifen, der sich mit lautem Knall irgendwo in der Nähe von Eilenburg verabschiedet hat. Raus auf den Grünstreifen und den Schaden begutachtet, zum Glück nur der Schlauch. Der Einsatzwagen hatte mich fix eingesammelt und ich konnte die Reparatur im Auto durchführen. Auch an unsere Begleiter inkl. der Capitanos in Gruppe3 ein Riesenlob! Ich habe mich hier sehr gut aufgehoben gefühlt. Nach kurzer Pannenunterbrechung ging es also wieder weiter. Ranfahren an die Gruppe und das war's, dachte ich.
Nach einer halben Stunde hatte ich schon wieder keine Luft mehr im Hinterrad. Ich hatte mich gründlich satt. Das Auto war auch schon belegt, also flicken am Straßenrand – doch Glück im Unglück! Ich konnte mir vom Sportfreund im Auto ein Hinterrad ausleihen und damit bis zur nächsten Rast fahren. Riesengroßen Dank an dieser Stelle dem unbekannten Spender (Shimano-Hinterrad, gelber Reifen)! Nun musste allerdings die Lücke zur Gruppe geschlossen werden. Die anderen waren weit voraus und im Auto ja kein Platz mehr. Dann eben Windschatten hinter dem Transporter. Mit teilweise 50 Sachen ging es über die Landstraße und nach einer geschätzten Ewigkeit hatte ich die Gruppe wieder. Ich habe mich dabei allerdings völlig verausgabt, mein Puls nicht messbar der Schweiß rann in Strömen. Glücklicherweise war die nächste Rast in Eisenhammer nicht mehr weit. Bevor ich mich stärken konnte, musste mein Rad wieder hergestellt werden. Dabei war es sehr hilfreich, dass Oliver mich zwischendurch mit Getränken versorgte.
Alles gut, die nächste Etappe konnte beginnen. Ich musste mich erst einmal schonen und die letzte Etappe verarbeiten. Durch einige nette Gespräche mit anderen Radsportlern während der Fahrt, verging die Zeit ziemlich schnell. Knapp vor Wittenberg kurzzeitig ohne Führungsfahrzeug, wer wusste den Weg? Aber auch dieser fand sich. Die weitere Fahrt der B2 entlang in Richtung Potsdam verlief sehr entspannt und ich kam wieder gut zu Kräften. Es war ein schön gleichmäßiges Fahren, die Gruppe lief meines Erachtens gut. Optimierungsbedarf bestand allerdings im Zweiergruppefahren. Eine kleine Belehrung durch die Crew zur Pinkelpause war deshalb auch notwendig. Weiterhin hieß es: Straße nur nach rechts verlassen und vorne Tempo raus. Was sein muss, muss sein, nein war völlig in Ordnung! Nun die Pause in Michendorf. Oliver und mir ging es gut, die Nachtetappe konnte kommen. Doch zuvor gab es noch das Highlight – Stadtdurchfahrt Potsdam mit Polizeieskorte. Einfach nur geil, zudem in Potsdam irgendein Stadtfest war und uns die Leute applaudierten. Werde ich bestimmt nicht vergessen! Wir fuhren nun beleuchtet und die Temperatur war endlich angenehm. Ich freute mich auf die Kühle der Nacht. Diese bekam ich auch, die Räder liefen wie von selbst über das flache Land. Wir erhielten zu diesem Zeitpunkt schon eine kleine Vorahnung, was uns noch erwarten würde. Rings um uns ein Wetterleuchten vom Feinsten. Es war sehr ruhig in der Gruppe und ich konnte dieses Schauspiel genießen. Eine Stunde vor Gransee war es dann allerdings vorbei, wir fuhren bei starkem Regen. Dies störte mich jedoch kaum, da die Temperatur noch sehr angenehm war. Nun die Rast an der Tanke Gransee. Erst mal ordentlich was essen, danach die Kleiderordnung herstellen. Schwierige Frage: Trockene Sachen oder nicht? Warm oder kalt? Ich entschied mich für ein neues Trikot, Ärmlinge und Regenjacke, sowie trockene Socken (diese allerdings völlig für die Katz’). Weiter ging's. Durch die Dunkelheit hatte ich das Gefühl für Raum und Zeit verloren, es hieß einfach nur treten.
Es kamen die Orte Fürstenberg, Neustrelitz und irgendwann einmal Neubrandenburg. Zwischendurch immer wieder Regen. Das Regenwasser hatte meinem Freilauf übel zugesetzt. Es verhakte sich immer wieder die Kette, das hieß, ich musste von nun an immer mittreten. Dieses Problem hat sich dann zum Glück wieder von selbst aufgelöst. Langsam dämmerte es und irgendwie roch es schon nach der Ostsee. Ich konnte mir zu diesem Zeitpunkt auch keine Störung mehr vorstellen, die uns von unserem Ziel abbrächte. Wir erreichten V5 bei Klatzow, Parkplatz auf der Kuppe. Und dort haben wir's erlebt. Das Unwetter hatte uns ein. Zum Glück waren wir nicht gerade im Epizentrum des Unwetters, gereicht hat es uns allemal. Wolkenbruch mit Regen waagerecht durch den Sturm. Das Ganze ziemlich schutzlos auf dem Parkplatz. Manche suchten ihr Heil im Imbisszelt, andere unter parkenden Lkws, welche hinter einem Baum/Strauch (die Holzfraktion, wie mit spitzer Zunge behauptet wurde), wir standen unter der geöffneten Heckklappe des Transporters. (Ihr könnt Euch ausmalen, wie wirkungsvoll diese Schutzmöglichkeiten waren.) Es wetterte ewig, die Holzfraktion hatte sich einen anderen Unterschlupf gesucht und ich fror gewaltig. Zu diesem Zeitpunkt ein trockener Platz im Auto und ich wäre raus gewesen. Zum Glück gab es den nicht und wir fuhren irgendwann wieder los. An das unter 24-Stundenziel war nun nicht mehr zu denken, was mir persönlich ziemlich egal war. Ich musste warm werden! Teilweise fuhr ich mit angezogen Bremsen und trat voll rein. Dann kam die Erlösung in Form eines Berges/Anstieges (wie auch immer). 53-12 (was die Übersetzung hergab) und volles Rohr. Oben angekommen war die Welt wieder in Ordnung, ich hatte meine Betriebstemperatur erreicht! Nun ging es straff auf Rügen zu. Das Wetter hatte sich auch wieder verbessert, es klarte immer mehr auf. Schade, dass die Route nicht wie 2008 über Greifswald lief, hat mir persönlich besser gefallen (wird wohl seinen Grund gehabt haben). Die Pause in Grimmen fand ich überflüssig, zumal es auch nichts zu Essen gab. Dann hatten wir den Rügendamm erreicht. Oliver berichtete mir später, dass er als erster unserer Gruppe auf die Insel fuhr und war zu Recht mächtig stolz. Wie bereits erwähnt hatten wir mit Gruppe3 eine gute Wahl getroffen, was die Geschwindigkeit angeht. Die Beine haben super mitgemacht, Probleme gab es nur mit dem Hinterteil (trotz Schmierung;o)). Zurück zur Fichkona. Die Überfahrt auf Rügen stellte bei mir den emotionalen Höhepunkt dar. Vergessen waren alle Strapazen und es machte sich bei mir ein unbeschreibliches Glücksgefühl breit.
Bis zum Ziel waren es allerdings noch ein paar Kilometer. Bei der Rast in Samtens traf ich auch Oliver wieder, wir sind diese Etappe vorwiegend getrennt voneinander gefahren. Nun ging es gemeinsam zum Kap! Unsere Gruppe wurde hier wegen der großen Leistungsunterschiede, die es innerhalb gab, zweigeteilt. Wir entschieden uns für die Tempogruppe und bekamen auch noch den Lead für dieses Team. Unser Gruppen-Capitano blieb beim zweiten Teil. Ich glaube zu Acht ging es dann auf Zielkurs. Es waren noch einmal allerhand Kilometer und ein paar giftige Steigungen. Mit dem Kopfsteinpflaster in Sagard kam ich dieses Mal erstaunlich gut klar. Nach der Schaabe Richtung Altenkirchen sehr starker Gegenwind. Führungsarbeit wollte zu diesem Zeitpunkt keiner mehr machen, aber alle mussten ran! Aus Altenkirchen heraus hat uns der gleiche Wind förmlich ans Kap Arkona geblasen. Geschlossene Gruppe, volles Tempo – so ging es durch Putgarten dem Ziel entgegen. Ich verlor leider in Putgarten durch das Kopfsteinpflaster meine Beleuchtung. Das hat mich aus der Gruppe herausgelöst und ich bekam eine 'Einzelzieleinfahrt'. Wie geil war das denn? Riesen Applaus, Rasseln, Fahnen,…eine schönere Ankunft hätte ich mir nicht vorstellen können! Um 11.30 Uhr hatten wir das Ziel erreicht. Oliver und ich wurden von 2 Rügener Freunden begrüßt und in Empfang genommen. Nach dem obligatorischen Fotoshooting ging es zum gemütlichen Teil über. Bei einem wohlverdienten Hefe-hell wurde gemeinsam die Tour ausgewertet.
Für mich war diese Fichkona, eben durch das Erlebnis mit meinem Sohn gemeinsam zu fahren, eine ganz Besondere.
Eigentlich sind wir ja zum Baden hochgefahren. Das habe ich natürlich am besten Strand der Insel auch getan! Dicker Pluspunkt für Euer neues Quartier in Juliusruh. Dieses, wie die gesamte Organisation der Fichkona, ist einzigartig. Doch die Fichkona lebt von dem Engagement und der Leidenschaft der Macher.

Dir, Olaf und der gesamten Fichkona-Crew ein dickes Dankeschön von Oliver und mir.

Wie geht es nun weiter? 2 Teilnahmen hören sich ziemlich blöd an. 3 klingt da schon wesentlich besser, außerdem wartet die Gruppe2 auf meine Teilnahme.
Ich werde mit großer Wahrscheinlichkeit zum Wiederholungstäter.