Janet Naumann aus Kassel beim längsten Radmarathon Deutschlands


Am Samstagmorgen, den 30.06.12 ertönt 10 Uhr auf dem Fichtelberg ein Glockenläuten. Für insgesamt 179 Radfahrer, darunter 12 Frauen, war dies das Startsignal für die 15. Fichkona. Das Ziel dieser “Radausfahrt” war Kap Arkona auf Rügen. Nonstop wollten die Radler, eingeteilt in 4 Leistungsgruppen, jeweils begleitet von 2 Fahrzeugen, 615 km in 24 Stunden zurücklegen.
Mit 7940 Trainingskilometern in diesem Jahr fühlte sich Janet gut auf diesen “Höllenritt”, so die Bezeichnung des Veranstalters, vorbereitet. Wild entschlossen ging es die ersten Kilometer den Fichtelberg mit 1214 m hinunter. Bereits nach 15 Kilometern ereilte Janet ein Plattfuß. Der Pannenwagen sammelte sie wenige Minuten später ein, der Platten wurde im Auto von der Crew beim Fahren behoben, und weiter ging die Fahrt. Janet war begeistert von dieser perfekten Organisation. Es sollte für sie der letzte technische Defekt sein.
Das Erzgebirge hinter sich gelassen wurden die Starter nach 90 km bei der ersten Essenspause köstlich verpflegt. Von Riegeln, belegten Brötchen, über Obst, Kuchen, Kekse, Würstchen bis hin zu einer Suppe in der Nachtpause war der Radfahrermagen bestens versorgt.
Bis zum Einbruch der Dunkelheit hatte Janet mit der Hitze zu kämpfen. Das Thermometer kletterte auf 35 Grad. Es wurden zusätzliche Trinkstops eingelegt, auf Wunsch gab es eine Kelle mit kaltem Wasser in den Nacken. Von diesem Angebot hat Janet sehr dankend Gebrauch gemacht.
Gegen 20:30 Uhr erreichte die Gruppe die “Umkleidepause” kurz vor Potsdam. Es standen mittlerweile über 250 km auf dem Tacho. Umziehen, Essen, Licht ans Rad und weiter ging die Fahrt in Richtung Potsdam. Mit Polizeieskorte fuhr die Gruppe durch Potsdams Innenstadt, auf abgesperrten Straßen, von Fußgängern bejubelt war dies für Janet das absolute Highlight der Fahrt. Plötzlich waren die Schmerzen am Hintern und der verspannte Nacken nicht mehr zu spüren. Stattdessen Glücksgefühle pur.
Gegen 22:30 Uhr dann für 6 Stunden vollkommene Dunkelheit. Die milden Nachttemperaturen machten das Fahren deutlich angenehmer. In den folgenden Pausen wurde Red Bull und Kaffee gegen die Müdigkeit gereicht. Das beste Rezept dagegen, so empfand es Janet, war jedoch Quatschen, quatschen, quatschen.
Zum Ende der Nacht war die größte Sorge allerdings die Wetterlage. Bereits klitschnass erreichte die Gruppe gegen 4:30 Uhr Neubrandenburg. Das folgende Unwetter machte ein Weiterfahren unmöglich, so dass die Fahrer für über 90 Minuten an einer Tankstelle ausharren mussten. Dass durch diese Zwangspause die Ankunft in Kap Arkona nach über 24 Stunden erfolgen würde tat der Stimmung in der Gruppe keinen Abbruch.
Vor den Radfahrern lagen nun noch knapp 180 km. Bei Nieselregen rollte das Feld in Richtung Stralsund. Über den Rügendamm ging es auf die Insel. “….Jetzt nur noch 70 km….” so der Tenor in der Gruppe. Dass diese letzten Kilometer die “Härtesten” der ganzen Tour werden würden ahnte Janet bis dahin noch nicht. Bei heftigem Gegenwind kämpfte sich die Gruppe über das doch sehr hügelige Rügen. Die Bezeichnung “Höllenritt” verdiente spätestens in Sagard ihren Namen. Hier warteten 2,5 km Kopfsteinpflaster auf die Radfahrer. Spätestens an dieser Stelle waren alle Radfahrer wieder putzmunter. Kurze Zeit später zeigte das Tacho 600 km. “….Jetzt nur noch 15 km, dann hast du es geschafft….” ging Janet durch den Kopf. Mit Erblicken des Leuchtturms auf Kap Arkona schossen ihr die ersten Freudentränen in die Augen. Nach weiteren 2 km Kopfsteinpflaster erreichte Janet gegen 13:20 Uhr und 615 km in den Beinen mit ihrer Gruppe das Ziel Kap Arkona. Überglücklich, von Müdigkeit keine Spur mehr, genoss Janet mit ihren Mitstreitern die Mittagssonne am Kap bis sie sich kurze Zeit später mit dem Rad zum 12km entfernten Campingplatz aufmachten. Voller Stolz genoss Janet diese letzten Kilometer.
Bei dem abendlichen Grillen auf dem Campingplatz hatte sie Gelegenheit sich mit den Fahrern der Gruppen 1 – 3 auszutauschen. Vom Unwetter verschont, mit sehr wenigen Pausen, erreichte die Gruppe 1 bereits 06:30 Uhr das Kap. Die Durchschnittsgeschwindigkeit lag bei knapp 35 km/h.
Janets Gruppe fuhr einen Schnitt von 27,5 km/h.

“Wer am Langstreckenradfahren Freude hat sollte unbedingt mal die Fichkona mitradeln. Der Veranstalter Olaf Schau machte diese Ausfahrt für mich zusammen mit seiner Crew durch eine perfekte Organisation und vorzüglicher Verpflegung zu einem unvergesslichen Erlebnis. Als Teilnehmer brauchte ich mich um nichts weiter kümmern. Das Einzige was ich machen “musste” war Radfahren. Und das tat ich aus Leidenschaft gern” sagte Janet.